Ein Snowboard zerlegt in seine Einzelteile
Hmmm… Auf der Suche nach dem individuell am besten geeigneten Snowboard stolpert man schnell mal über etliche unverständliche Herstellerangaben, die sich oft nur mit fachmännischem Wissen entschlüsseln lassen. Diese Herstellerangaben kann man üblicher Weise in zwei Teilbereiche unterteilen: Einerseits erhält man Information über die im Brett verbauten Materialen und andererseits über die sogenannten „Snowboard Specifications“. Die Snowboard Specifications befassen sich mit Themen wie beispielsweise Sidecut, Kontaktlänge, effektive Kantenlänge, Sidecut Radius oder Stance Offset.
In diesem Beitrag möchte ich ein paar allgemeine Information über die beim Bau eines Snowboards verwendeten Materialen mit euch teilen und erklären, aus welchem Einzelteilen ein Snowboard besteht. Die verwendeten Werkstoffe bestimmen nämlich Gewicht, Flex und Fahrgefühl und somit viele wesentlichen Eigenschaften des Snowboards!
BELAG:
Snowboard Beläge bestehen aus P-Tex, einem Polyethylen Kunststoff. Grundsätzlich kann man zwischen zwei verschiedenen Arten von Belägen unterscheiden. Einerseits dem günstigen und pflegeleichten extrudierten Belag und andererseits aus dem schnelleren bzw. hochwertigeren gesinterten Belag. Der verwendete Belag wird oft auch noch mit einer Nummer genauer beschrieben – z.B. gesintert 7200. Diese Nummer beschreibt die Molekülmasse des Polyethylen und hier gilt: Je höher diese Nummer, desto höher ist die Molekülmasse. Eine hohe Molekülmasse deutet auf einen hochwertigen Belag mit besseren Gleiteigenschaften und höherer Strapazierfähigkeit hin. Detaillierte Informationen über die verschiedenen Beläge findet ihr in meinen Beiträgen über den extrudierten Belag und den gesinterten Belag.
KANTE:
Die Kanten eines Snowboards bestehen aus rostfreiem Stahl. An der Innenseite der Kante befinden sich kleine T-Profile mit deren Hilfe man die Kanten am Brett befestigt. Bei der Herstellung von Snowboards werden zwei verschiedene Kantenarten verwendet und zwar durchgehende Kanten und seitlich angebrachte Kanten. Klingt verwirrend, ist es aber nicht. Bei durchgehenden Kanten läuft die Kante in einem Stück um das komplette Snowboard und die beiden Enden treffen sich am Tail des Boards. Diese durchgehende Kante hat die stärkste Verbindung zum Brett, ist aber bei Beschädigungen nur sehr schwer zu reparieren. Kanten, die nur an den Seiten angebracht werden – also nicht über die Nose und das Tail laufen – verlaufen nur an jenen Stellen, an denen das Brett bei Kantendruck mit Schnee in Kontakt kommt. Diese Variante macht das Brett zwar ein wenig leichter, ist aber nicht immer so robust wie durchgehende Kanten, und bietet Nose und Tail nur wenig Schutz.
SEITENWANGE:
Die Sandwich-Konstruktion eines Snowboards ist die gängigste Bauweise. Bei der Sandwich-Konstruktion werden die einzelnen Bestandteile eines Snowboards übereinander geschichtet und miteinander verklebt. Die Seitenwangen werden seitlich am Board angebracht und schützen den Kern. Eine Seitenwange besteht aus ABS Kunststoff und bildet den Abschluss zwischen Topsheet und Kante.
Manche Boards werden immer noch mit der sogenannten Cap-Konstruktion gebaut, hierbei werden Topsheet und Fiberglas seitlich über den Kern gezogen und mit der Kante verklebt. Diese Boards haben keine Seitenwange und platzen an den Verbindungsstellen leicht auf.
FIBERGLAS:
Das Fiberglasgewebe besteht aus dünnen, miteinander verflochtenen Fiberglasfäden. Das Fiberglasgewebe wird flächendeckend mit Epoxidharz, einem 2-Komponenten Kleber bestrichen und dann als Ummantelung auf den Holzkern geklebt. Ummantelung heisst in diesem Fall, dass das Fiberglasgewebe sowohl auf der Oberseite, als auch auf der Unterseite des Kerns geklebt ist. Verwendet wird das Fiberglas zum einem um das Brett steifer und reaktionsfreudiger zu machen und zum anderen verlangsamt das Fiberglasgewebe den Spannungsverlust des Kerns.
Bi-axial wrap – Beim bi-axialen Glasfasergewebe werden die einzelnen Glasfaserfäden längs und quer in einem 90 Grad Winkel zueinander verwoben. Das Ergebnis ist eine leichte, verlässliche Ummantelung, welche für ein fehlerverzeihendes – „gemütliches“ Fahrverhalten sorgt. Die Torsionssteife bleibt gering – d.h. das Brett lässt sich relativ leicht, ohne großen Kraftaufwand verdrehen.
Tri-axial wrap – Beim tri-axialen Glasfasergewebe werden die einzelnen Galsfaserfäden zusätzlich zur Längsrichtung auch noch im 45 Grad Winkel (+45°, 0° und -45°) zueinader verwoben. Im Unterschied zum bi-axialen Gewebe wird hier auch die Torsionssteife erhöht und wirkende Kräfte gleichmäßiger verteilt.
KERN:
Der Kern ist die „Seele des Snowboards“, denn die Materialien und der Aufbau des Kerns bestimmen den Großteil der Eigenschaften des fertigen Boards. Der Kern definiert sozusagen die Stärken und die Besonderheiten des Boards. Welche Vorzüge und Eigenheiten ein Kern hat, hängt natürlich auch davon ab, aus welchen Materialen der Kern gefertigt wurde.
Aufgrund seiner exzellenten „all-round“ Eigenschaften ist Holz das populärsten Kernmaterial. Ein Holzkern besteht aus mehreren miteinander verklebten Streifen von laminierten Harthölzern wie Buche, Pappel, Birke, Bambus oder auch verschiedenster Kombination aus diesen Hölzern. Holzkerne bestechen mit einem natürlichen, lebendigen Flex und verfügen über eine sehr gute Vibrationsdämpfung. Teilweise werden in die Holzkerne Hightech-Materialen wie Karbon und Kevlar eingearbeitet, um den Kern in gewissen Bereichen zu verstärken. Diese Verstärkungen des Kerns sorgen dafür, dass das Brett mehr Pop bekommt, leichter und widerstandsfähiger wird.
Schaumkerne werden in der Produktion von günstigeren Brettern verwendet. Bretter mit einem Schaumkern werden maschinell gefertigt und sind daher in der Herstellung deutlich günstiger. Im Unterschied dazu werden Boards mit einem Holzkern in Handarbeit hergestellt. Leider haben Schaumkerne den Nachteil, dass sie relativ weich sind und ihre Gesamtperformance nicht an die eines Holzkerns herankommt. Außerdem neigen Schaumkerne dazu, wesentlich schneller ihren Camber zu verlieren. Welche Arten von Camber gebaut werden und welche Vor- und Nachteile gewisse Shapes haben, könnt ihr auch bei uns nachlesen. Hier geht’s zum Beitrag über Snowboard Shapes!
HARZ:
Als Verbindungs- bzw. Klebstoff bei der Herstellung eines Snowboards wird jede Menge Epoxidharz, einen 2-Komponten-Kleber verwendet. Ein kleiner Tipp am Rande: Falls ihr nach einer Beschädigung irgendwas am Brett zukleben müsst (z.B. Topsheet), dann empfehle ich euch auch Epoxidharz zu verwenden. Kann man übrigens in jeden Baumarkt kaufen.
INSERTS:
Die Inserts werden aus rostfreien Stahl gefertigt, haben ein Schraubgewinde und werden im Snowboard verbaut um später eine Bindung auf das Brett schrauben zu können. Alle Kräfte die ihr auf das Snowboard ausübt, werden durch die Inserts in das Brett geleitet. Aus diesem Grund müssen die Inserts sehr gut am Kern des Boards befestigt werden. Oft stolpert man im Zusammenhang mit Inserts über die Zahlen 4 x 4, 5 x 2 und 6 x 2. Beim 4 x 4 System werden die Inserts im Abstand von 4 cm angeordnet. Beim 5 x 2 bzw. auch beim 6 x 2 Insert System beträgt der Abstand der Insertreihen nur 2 cm. Die Stance lässt sich bei den zwei Letzteren auf den Zentimeter genau einstellen.
TOP-SHEET:
Das Top-Sheet ist jener Teil des Snowboards, den man vermutlich als erstens sieht – die Oberseite des Snowboards. Der Top-Sheet dient nicht nur als Schutz für das Innenleben des Snowboards, sondern die auf dem Top Sheet befindlichen Grafiken sollen auch optische und ästhetische Ansprüche erfüllen. Ein Top-Sheet kann aus vielen verschiedenen Materialen wie beispielsweise Nylon, Holz, Fiberglas, Plastik und verschiedenster Kombinationen dieser Stoffe hergestellt werden.
Uiuiui… das war jetzt ziemlich technisch, aber ich wollte euch auf keinen Fall jene Informationen vorenthalten, die mir besonders wichtig erscheinen. Ich weiß, technische Themen sind oft eine zähe Materie aber ich hoffe trotzdem, dass ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen konnte und ihr bei der nächsten Kaufentscheidung nicht mehr nur Bahnhof versteht. Jetzt wisst ihr nämlich, aus welchen Einzelteilen ein Snowboard besteht und welche Funktion jeder einzelne Bestandteil hat. Außerdem findet ihr hier noch weitere interessante Beiträge zum Thema Snowboard.
In diesem Sinne – bis bald am Berg!
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